Vegan zu leben war nie ein konkretes Ziel von mir gewesen. Im Gegenteil: In meiner Familie wurde schon immer gerne viel Fleisch gegessen und tierische Produkte auf dem Teller waren für mich deshalb völlig normal. Vegetarisch und vegan lebende Personen gab es in meinem Umfeld zwar auch schon immer, aber es waren sehr wenige. Für mich selbst war es deshalb lange Zeit überhaupt keine Option, auf tierische Produkte zu verzichten. Dabei war mir die Herkunft von Lebensmitteln schon immer wichtig. Fleisch habe ich wann immer möglich beim lokalen Metzger gekauft, Milchprodukte und Eier auf dem Wochenmarkt. Natürlich in Bioqualität und aus verantwortungsvollen Betrieben. Die größte Zeit meines Erwachsenenlebens war das für mich völlig in Ordnung. Dass ich mir damit aber nur selbst ein gutes Gewissen eingeredet habe, ist mir erst bewusst geworden, als ich angefangen habe, mich mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu befassen. Die Massentierhaltung und die damit verbundene Tierfutterproduktion ist eines der größten Probleme für das Weltklima. Nachdem mir das klar geworden war, wollte ich dafür nicht mehr länger mit verantwortlich sein.
2019 habe ich deshalb die Fastenzeit vor Ostern zum Anlass genommen, 40 Tage lang auf Fleisch zu verzichten. Eine ziemlich spontane Idee aus einer fixen Laune heraus, mit der ich eigentlich nur ausprobieren wollte, ob ich es überhaupt schaffe. Wirklich optimistisch war ich dabei nicht. Mein Umfeld auch nicht. Während der Fastenzeit habe ich dann aber ziemlich schnell gemerkt, dass mir Fleisch überhaupt nicht fehlt. Und dass die vegetarische Küche nicht nur vielseitig ist, sondern auch richtig lecker schmeckt. Nach Ostern bin ich schließlich dabei geblieben und habe auch weiterhin auf Fleisch, Wurst & Co verzichtet. Gleichzeitig hat mich das Thema Klimawandel in Verbindung mit der Ernährung nicht mehr los gelassen und ich habe mich weiter intensiv damit beschäftigt. Dabei bin ich eines Tages über die Dokumentation „Das System Milch“ gestolpert. Der Film untersucht die Intensivierung der Milchwirtschaft in Bezug auf die einhergehenden negativen Folgen für Mensch, Tier und Umwelt. Ein absoluter Augenöffner für mich. Nicht nur in Hinblick auf die Klimaproblematik, sondern auch in Bezug auf das Tierleid.
Nach den teils sehr grausamen Bildern dieser Dokumentation habe ich Milch und Milchprodukte sofort von meinem Speiseplan gestrichen. Ich konnte und wollte nicht mehr Teil dieses Elends und dieser Zerstörung sein. Der Schritt hin zur veganen Ernährung war dann letztendlich nur noch die logische Konsequenz und dauerte nur noch wenige Wochen. Am 30. Juli 2019 habe ich zum ersten Mal öffentlich ausgesprochen, dass ich ab sofort keine tierischen Lebensmittel mehr essen werde. Seither lebe ich jetzt weitestgehend vegan. Weitestgehend deshalb, weil es noch immer ab und an passiert, dass mir ein nicht-veganes Produkt unterkommt. Für mich ist das aber nicht tragisch, denn vegan zu werden und schließlich vegan zu leben, ist ein Prozess. Einer, der mir mittlerweile großen Spaß macht. Der mich immer wieder aufs Neue staunen lässt. Und der mir einfach ein gutes Gefühl gibt. Für die Tiere, fürs Klima und für mich selbst.