Der Pro-Kopf-Verzehr von Geflügelfleisch in Deutschland lag 2019 laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bei 13,8 kg pro Jahr und liegt damit nach Schweinefleisch auf Platz zwei in der Beliebtheitsskala, gefolgt von Rindfleisch. Dazu zählen Masthähnchen, Puten, Suppenhühner sowie Enten. Der Anteil der Geflügelarten am Gesamtverzehr folgt übrigens genau dieser Reihenfolge, wobei Masthähnchen mit 65 Prozent mit deutlichem Abstand am liebsten auf dem Teller landen. Sie wurden speziell für die Fleischproduktion gezüchtet und legen rasant das bis zu 50-fache ihres Geburtsgewichts zu (von 40 g auf 2 kg). Um beurteilen zu können, wie nachhaltig diese Ernährungsgewohnheit ist, müssen Ressourcen-Nutzung und Emissionen bei der „Produktion“ genauer betrachtet werden. Allen voran sind dies der Wasser- und Flächenverbrauch sowie der indirekte Verbrauch von Ressourcen durch Verpackung und Transport. Ebenso die Produktion von Treibhausgasen fließt in die Nachhaltigkeitsbeurteilung mit ein.
Ein Masthähnchen wird in konventionellen Betrieben durchschnittlich 41 Tage und in ökologischer Haltung 70 bis 90 Tage
alt, bevor es geschlachtet wird. Während dieser Zeit isst und trinkt es. In der konventionellen Haltung besteht das Futter hauptsächlich aus Sojaschrot. Ungefähr ein Kilogramm davon muss ein Huhn im Laufe seines Lebens fressen, um ein Kilogramm Fleisch zu erzeugen. Bei Schweinen und Rindern fällt die Bilanz mit 650 Gramm bzw. 230 Gramm Futter pro Kilogramm Fleisch um einiges geringer aus. Für diese Art der Fütterung bekommt Geflügelfleisch hinsichtlich seiner Nachhaltigkeit schlechte Noten. Denn: Der CO2-Fußabdruck der Sojaprodukte ist massiv, da sie größtenteils aus Übersee, vor allem aus Brasilien und Argentinien, importiert werden. Hinzu kommt der sogenannte „Sojaflächen- Fußabdruck“. Um die hohe Nachfrage nach Soja-Futtermitteln befriedigen zu können, wird in den Anbauländern Regenwald abgeholzt und somit fürs Klima wichtige Fläche unwiderruflich zerstört. Gleichzeitig wird das in den Bäumen über Jahre hinweg gespeicherte CO2 in die Atmosphäre abgegeben. Bei der Bio-Geflügelmast läuft das anders ab. Nämlich nachhaltiger! Grund dafür ist, dass hauptsächlich heimische Hülsenfrüchte wie Erbse, Ackerbohne und Lupine, aber auch Rapsschrot in den Futtermischungen landen, die kurze Transportwege haben. Das führt auf deutschen Äckern zudem zum wechselnden Anbau verschiedener Sorten, was ebenfalls gut für die Umwelt ist, weil es zum Beispiel die Biodiversität fördert und die Böden weniger belastet.
Doch neben Fläche wird auch Wasser verbraucht. Bei konventioneller Geflügelfleischproduktion kommen auf diese Weise ca. 4.325 Liter pro Kilogramm Fleisch zusammen. Bei biologisch-dynamischer Haltung sind es wegen der bevorzugt regionalen Fütterung weniger, denn in Deutschland hergestellte Futtermittel benötigen meist keine künstliche Bewässerung. Somit erfordert die Geflügelproduktion nur knapp ein Drittel respektive drei Viertel der Wassermenge, die für die Produktion der gleichen Menge an Rind- beziehungsweise Schweinefleisch verbraucht wird. Das klingt zunächst positiv. Vergleicht man den Wasserverbrauch allerdings mit dem, der beim Anbau von Getreide, Kartoffeln, Obst und Gemüse anfällt, ist er trotzdem locker 10- bis 20- mal höher – auch beim Bio-Fleisch! Neben Flächen- und Wasserverbrauch sind auch die Treibhausgase mit in den Footprint von Geflügelfleisch einzurechnen. Das betrifft vor allem die oben beschriebenen CO2- Freisetzungen, die durch Übersee-Transport von Soja-Futtermitteln entstehen, aber auch durch die Rodung der (Regen-) Wälder, durch die man Anbaufläche gewinnen will.
Dennoch hat Geflügelfleisch im Hinblick auf die CO2-Bilanz im Vergleich zu anderen Tierarten die Nase vorn. Würde der CO2-Ausstoß von 100 Gramm Fleisch auf zurückgelegte Autokilometer umgerechnet, wären dies beim Huhn zwei, beim Schwein drei und beim Rind sogar acht Kilometer. Damit ist der CO2-Fußabdruck aber noch nicht fertig berechnet. Auch die Lachgasemission (durch den Hühnerkot) muss in CO2-Äquivalente umgerechnet und zur direkten CO2-Produktion addiert werden. Klimaschädliches Methan spielt bei Geflügel keine Rolle, da es fast ausschließlich im Magen von Wiederkäuern gebildet und somit vor allem von Kühen, Rindern und Schafen ausgestoßen wird. Auf diese Weise summieren sich nach Angaben des World Wide Fund for Nature (WWF) 4,22 Kilogramm Treibhausgas-Emissionen für jedes Kilogramm Hühnerfleisch. Das sind zwar weniger als bei Rind- und Schweinefleisch, aber mehr als bei Getreide und anderen Produkten pflanzlichen Ursprungs. Die Zahlen zeigen: Egal ob in puncto Wasser, Fläche oder Treibhausgasen – Geflügelfleisch hat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Gesundheit der Erde. Dürfen wir es also noch guten Gewissens konsumieren Wissenschaftler, die im Frühjahr 2019 die „Planetary Health Diet“ veröffentlicht haben, sagen Ja. Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte sowie im Hinblick auf die Endlichkeit der weltweiten Ressourcen und die wachsende Weltbevölkerung haben die Experten Mengenempfehlungen für Lebensmittel(-gruppen) veröffentlicht, die sie für die Weltbevölkerung als nachhaltig einstufen. Beim Geflügelfleisch sind das 29 Gramm pro Tag und pro Mensch, also 10,6 Kilogramm in 365 Tagen. Diese Empfehlung liegt mehr als zwei Kilogramm unter dem aktuellen tatsächlichen Verzehr der Deutschen. Die Devise muss also lauten: Weniger, dafür besseres Fleisch! Und diese Erkenntnis dürfte vermutlich für niemanden neu sein.