Die Ökobilanz von Fleisch ist schlecht. Trauriger Spitzenreiter ist Rindfleisch. Denn im Vergleich zu Schweinen und Geflügel benötigt die Mast von Rindern ein Vielfaches an Futter, Fläche und Wasser. Die Umweltwissenschaftlerin Christiane Huxdorff beschäftigt sich als Kampaignerin bei Greenpeace mit Themen rund um nachhaltige Landwirtschaft. Aus ihrer Sicht tragen klimaschädliche Gase, die durch die Rindermast entstehen, in besonderem Maße zur schlechten Ökobilanz bei. „Auf der einen Seite haben wir die Kuh selbst und ihre Verdauung“, sagt sie und erklärt: „Rinder rülpsen beispielsweise hohe Mengen Methan, das rund 21-mal schädlicher für das Klima ist als CO2“.
Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) werden durch die Viehzucht immerhin 14,5 Prozent aller weltweiten Treibhausgase produziert. Beachtliche 39 Prozent hiervon stammen direkt aus dem Verdauungstrakt von Wiederkäuern – und hier allen voran von Rindern. Dem gegenüber stellt Huxdorff die Emissionen, die bei der Produktion und dem Transport von Futtermitteln entstehen, und die machen etwa 45 Prozent aller Treibhausgase der Fleischproduktion aus. Neben der Erzeugung klimaschädlicher Gase werden im Zuge der Rindermast aber zusätzlich auch noch Unmengen an Wasser benötigt. Die Heinrich Böll Stiftung hat diesen Wasserverbrauch in ihrem im Januar 2021 veröffentlichten Fleischatlas hochgerechnet und mit dem Wasserverbrauch verglichen, der bei der Haltung anderer Tierarten sowie beim Anbau pflanzlicher Lebensmittel anfällt. Während seines kurzen, nur dreijährigen Lebens trinkt ein Rind ca. 24 000 Liter Wasser. Hinzu kommt – je Rind – der Wasserverbrauch für den Anbau von 1300 kg Kraftfutter sowie 7200 kg Raufutter, also Gras oder Heu. Auch Wasser, das zur Reinigung der Ställe benötig wird, muss einkalkuliert werden. Auf diese Weise lässt sich der Wasserverbrauch je Kilogramm Rindfleisch hochrechnen: Es sind sage und schreibe 15 415 Liter laut Fleischatlas 2021. Bei (Bio-)Rindern, die auf der Weide stehen und hauptsächlich Gras fressen, ist es weniger als bei solchen, die mit Soja von Übersee sowie Getreide und Mais gefüttert werden.
Grundsätzlich sollte beim Einkauf von Lebensmitteln darauf geachtet werden, dass sie drei Kriterien erfüllen, also bio, regional und saisonal sind.
Der Vergleich zu anderen Tierarten sowie pflanzlichen Lebensmitteln zeigt: Für die Produktion von einem Kilogramm Schweinefleisch werden „nur“ knapp 6000 Liter und für die gleiche Menge Hühnerfleisch „nur“ gut 4300 Liter benötigt. Bei Hülsenfrüchten sind es ungefähr 4100 Liter, bei Getreide ca. 1600 Liter und für Gemüse benötigt man in der Produktion gerade mal 322 Liter Wasser je Kilogramm. Die Zahlen machen erneut deutlich, was seit langem bekannt ist: Rindfleisch schadet dem Klima. Höchste Zeit, den Konsum zu überdenken. Diese drei Konzepte können dabei helfen – wenngleich eine Reduktion am effektivsten und wirksamsten bleibt: Wissenschaftler des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) analysierten 2008 zwölf Studien, um Unterschiede bezüglich der Emissionen in der ökologischen und konventionellen Rindermast herauszuarbeiten.
Das Ergebnis: Die Treibhausgase, die bei der Produktion von Rindfleisch anfallen, sind bei Bio-Produkten oft geringer als bei konventionell produzierten. Dennoch kann Rindfleisch mit Bio-Label einen vergleichsweise höheren CO2-Fußabdruck haben. Der Grund hierfür sei die längere Lebensdauer von Bio-Rindern, sagen die Autoren der Übersichtsarbeit. Denn während dieser Zeit stoßen sie mehr klimaschädliches Methan aus als Rinder aus konventioneller Haltung. Denn die leben kürzer. Einen großen Vorteil hat Bio-Rindfleisch aus Sicht der Umweltwissenschaftlerin Christiane Huxdorff aber garantiert. „Eine konventionelle Kuh wird mit etwas gefüttert, das auch von uns Menschen als Lebensmittel konsumiert werden könnte. Oder auf der benötigten Fläche zur Haltung hätten pflanzliche Lebensmittel für den menschlichen Verzehr angebaut werden können“, erklärt sie. „Bio-Rinder hingegen verbringen deutlich mehr Zeit auf der Weide und werden zusätzlich mit Heu oder Silage gefüttert. Dadurch stehen sie deutlich weniger in Futterkonkurrenz zu uns Menschen.“ Hinzu kommen ein niedrigerer Wasserfußabdruck sowie das Argument des Tierwohls, da Öko-Haltungen im Vergleich zu konventionellen Haltungsformen oft mehr Platz und Weidegang bieten.
Der essbare Anteil von Rindern liegt bei ungefähr 50 Prozent. Ziel des Konzepts „From Nose to Tail“ (Deutsch: von Nase bis Schwanz) ist es, diesen Anteil zu erhöhen, indem Schlachtabfälle reduziert werden. Denn: Je mehr Teile verwendet werden, desto „besser“ ist die Öko-Bilanz je verzehrtem Kilogramm Fleisch. Im Fokus stehen insbesondere Innereien, deren Konsum innerhalb von 30 Jahren um beachtliche 90 Prozent gesunken ist. Demnach landen Fleischreste wie Euter, Nieren oder Pansen immer seltener auf dem Teller und immer häufiger in Hundefutter oder im Ausland. Notwendige weitere Verarbeitungsschritte sowie lange Exportwege verschlechtern dann die Ökobilanz von Rind eisch zusätzlich. Dem wirkt die „From Nose to Tail“- Bewegung entgegen.
Indem Köche Innereien und unliebsame Stücke wie beispielsweise Schwanz, Zunge, Euter, Pansen oder Herz verarbeiten, reduzieren sie Schlachtabfälle. Darüber hinaus hat das Konzept zwei weitere Vorteile. Zum einen wertschätzen die Konsumenten das geschlachtete Tier deutlich mehr. Und zum anderen können neue Menü-Kreationen mit Innereien manche in Vergessenheit geratenen Rezepte wiederbeleben und auf diese Weise für kulinarische Highlights sorgen. Bewusste Fleischesser kaufen ihr Rindfleisch also am besten dort, wo sie alles über Herkunft und Haltung erfahren können, zum Beispiel beim Metzger oder dem Bio-Bauernhof von nebenan.
Im Internet gibt es zudem Angebote, bei denen Rinder erst geschlachtet werden, wenn genügend Fleisch-Abnehmer für alle Teile gefunden wurden. Auf diese Weise werden Schlachtabfälle reduziert, weil möglichst alle Teile der Tiere auf die registrierten Konsumenten aufgeteilt werden. Daher stammt auch der Begriff Crowdbutching, der so viel bedeutet wie Crowdfunding beim Schlachten (= butching). Unter www.meinbiorind.de können sich Verbraucherinnen und Verbraucher beispielsweise zwischen Auerochsen-, Galloway- und Weiderind-Sharing entscheiden. Der Rindfleischkauf über www.grutto.com (ehemals: www.kaufnekuh.de) funktioniert auf die gleiche Weise – aus konventioneller und biologisch-dynamischer Haltung.
Crowdbutching-Konzepte bringen somit bewusste Konsumenten zusammen und ermöglichen ihnen durch transparente Information und offene Kommunikation, sich ganz bewusst zu entscheiden: Egal ob bio, regional oder „From Nose to Tail“ – der Crowdbutching-Verbraucher wählt selbst, was bei ihm in der Pfanne, im Ofen, auf dem Grill und schließlich auf dem Teller landet.