Darmpilze: Ursachen und Behandlung

Darmpilze und Ernährung

Pilzinfektionen des Verdauungstrakts sind auf dem Vormarsch und verursachen zahlreiche Beschwerden. Professor Michaela Döll klärt auf über Diagnostik und Behandlung und gibt Tipps, welche Ernährung und Nahrungsergänzung helfen kann.
Text: Prof. Dr. Michaela Döll | Fotos: Anna Shvets / pexels

Sie befinden sich auf Lebensmitteln, auf vielen Gegenständen unseres Alltags, in den Böden und können außerdem Mitbewohner unseres Körpers sein: Pilze – vor allem die Hefepilze der Gattung Candida. Wir nehmen sie über die Nahrung auf oder atmen Pilzsporen oder -zellen ein. So gelangen sie in unseren Körper. Sie lieben die feuchte Wärme und siedeln sich daher bevorzugt auf unserer Haut und auf den Schleimhäuten an, beispielsweise im Darm. Etwa drei Viertel aller Erwachsenen leben in einer friedlichen Wohngemeinschaft mit Hefepilzen. Und von den etwa 200 bekannten Arten sind die meisten Vertreter harmlos und für uns Menschen nicht weiter von Bedeutung.

Einige Arten dieser winzigen, nur wenige Mikrometer großen eiförmigen Hefen können für den Menschen aber unter bestimmten Umständen problematisch werden. Dazu gehört der Hefepilz Candida albicans, der bei invasiven Pilzinfektionen des Menschen weitaus am häufigsten anzutreten ist. Die Diskussion um Darmpilze wurde häufig kontrovers und teilweise sehr unsachlich geführt. Doch Fakt ist: Infektionen mit Pilzen sind weltweit auf dem Vormarsch. Jedes Jahr erkranken nach Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mehr als eine Milliarde Menschen auf der Welt an Pilzinfektionen, 1,5 Millionen der Betroffenen sterben daran.

Die weltweite Gefahr wird unterschätzt

Allein in Deutschland sind jedes Jahr etwa 40 000 Menschen von Hefepilzerkrankungen in den Organen betroffen – nicht nur im Darm, beispielsweise auch in Lunge, Herz, Milz und Nervensystem. Hefepilze vom Typ Candida stehen auf der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geführten Liste der gefährlichsten Krankenhauskeime auf Platz 4. Auf den Intensivstationen unserer Krankenhäuser ist sogar etwa jeder achte bis zehnte Patient von einer solchen Hefepilzinfektion der inneren Organe betroffen.

Etwa 70 Prozent der Patienten mit einem massiven Organbefall (Organmykose), bei der die Erreger stark vermehrt im Blut nachweisbar sind, enden tödlich. Da die Begleiterscheinungen unspezifisch sind, wird eine Infektion häufig zu spät diagnostiziert und behandelt. Pilzerkrankungen gelten in der Medizin nach wie vor als unterschätzte Gefahr.

Um das Bewusstsein für diese Erkrankungen zu stärken wurde u. a. von den Gesundheitsbehörden in den USA (Centers for Disease Control) im Jahr 2017 eine Kampagne mit dem Motto „Denk an Pilzinfektionen“ gestartet, die sich an Patienten und Therapeuten richtete. Auch in Deutschland ist dieses Problem wieder mehr in den Fokus der Wissenschaft gerückt. Das BMBF fördert derzeit rund 30 Forschungsprojekte zu diesem Thema.

Hefen tricksen das Immunsystem aus

Candida-Stämme nutzen eine Reihe von Strategien, die ihnen die Vermehrung im menschlichen Organismus erleichtern. So besitzen sie spezielle Proteine, sogenannte Adhäsionsfaktoren, die es ihnen ermöglichen, sich an die Oberfläche der Darmschleimhaut (und anderer Zelloberflächen) zu binden. Als nächstes bilden die Hefezellen Biofilme aus, die sie vor dem Zugriff körpereigener Abwehrmechanismen und auch pilzabtötender Medikamente schützen. Außerdem locken sie über Signalmoleküle weitere Pilze an, was die Infektion noch verstärkt.

Besonders perfide: Sie können ihren Stoffwechsel verändern und in ihrer Membran Pumpsysteme aktivieren, die pilzabtötende Mittel aus ihrem Zellinneren wieder nach außen schleusen. Damit werden die Hefepilze immer unempfindlicher gegenüber gängigen Therapien.

Doch damit nicht genug: Candida besitzt außerdem bestimmte Enzyme, die Proteinasen und Lipasen, mit denen sie Zellstrukturen im menschlichen Körper auflösen und in die Gewebe vordringen kann. Und um sich dabei dem menschlichen Immunsystem zu entziehen, wechseln die Hefezellen fortlaufend Gestalt und Aufbau: Die rundliche Form geht in die langgestreckte Zellform (Hyphen) über und umgekehrt. Unser Immunsystem tut sich schwer damit, dies zu erkennen. Außerdem können sich Hefepilzzellen auch in Wirtszellen verbergen, etwa in den Schleimhautzellen des Darms oder auch in den Fresszellen des Immunsystems, und dort nicht nur überleben, sondern sich sogar vermehren.

In Deutschland sind jedes Jahr etwa 40 000 Menschen von Hefepilzerkrankungen in den Organen betroffen.“

– Prof. Dr. Michaela Döll

Nicht nur all diese ausgeklügelten Mechanismen der Candida, sondern auch die vielfältigen unspezifischen Beschwerden eines übermäßigen Pilzbefall des Darms – medizinisch Darmmykose – tragen dazu bei, dass es für Therapeuten oft nicht einfach ist, die richtige Diagnose zu stellen. Bauchschmerzen, Durchfälle und Blähungen sind nur einige der Symptome, die auf Darmpilze hinweisen können. Ob Darmpilze vorliegen, kann eine Stuhluntersuchung zeigen. Dadurch lässt sich die Besiedlung des Darmes mit Hefepilzen quantifizieren.

Wichtig ist es, an mehreren Stellen des Stuhls Proben zu entnehmen, denn Candida kann im Stuhl auch in Nestern vorkommen. Ein Wert von weniger als 100 koloniebildenden Einheiten (KbE) Candida albicans pro Milliliter Stuhl gilt als normal und unbedenklich. Werden 1000 bis 10 000 KbE gefunden, gilt es wachsam zu sein. Den Stuhl jetzt am besten wiederholt kontrollieren und den Lebensstil, vor allem die Ernährung, umstellen. Ab einem Wert von 100 000 KbE spricht man von einer Candidose (Hefepilzinfektion). In diesem Fall sollten pilzhemmende Medikamente (Antimykotika) eingesetzt werden.

Der Hefepilz vom Typ Candida ist im Darm in der Regel ein Durchreisender und in geringen Konzentrationen dort geduldet. Die gesunde physiologische Darmmikrobiota besetzt die Flächen der Darmschleimhaut lückenlos, so dass die passageren Hefepilz-Zellen kaum eine Chance haben, sich dort anzusiedeln. Die Stärke des Abwehrsystems ist für die Dezimierung der Darmpilze aber von großer Bedeutung. Das Immunsystem, welches zu ca. 80 Prozent im Darm angesiedelt ist, kann die Pilze bei gesunden Menschen in Schach halten. Menschen mit geschwächtem Immunsystem haben dagegen ein erhöhtes Risiko für eine Darmpilzerkrankung (siehe Kasten).

Durch diese Risikofaktoren wird die Darmschleimhaut in Mitleidenschaft gezogen, weil ihr Bakterienrasen angegriffen und dezimiert wird. Da sie ihre Barrierefunktion jetzt nicht mehr optimal erfüllen kann, können die Darmpilze die Gunst der Stunde nutzen, sich an die Darmschleimhaut anheften und dort entzündliche Prozesse auslösen. Folge: Die Durchlässigkeit der Darmwand erhöht sich, man spricht von einem löchrigen Darm (Leaky-Gut-Syndrom). Da nun der schützende Schleim nicht mehr intakt ist, rutschen passagere Keime wie etwa Pilze durch die Lücken der Darmschleimhaut hindurch, gelangen ins Blut und können mit dem Blutstrom im Körper verteilt werden.

Mithilfe ihrer gewebsauflösenden Enzyme können sie in die Organe vordringen und schlimmstenfalls sogar lebensbedrohliche Pilzerkrankungen in den darmentlegenen inneren Organen auslösen. Beim Leaky-Gut-Syndrom können auch Allergene durch die lädierte Darmschleimhaut ins Blut vordringen und dort Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Allergien begünstigen. Es gibt wissenschaftliche Hinweise, dass Pilzerkrankungen grundlegend am Auftreten von Allergien beteiligt sein können, wobei neben der Darmfehlbesiedlung die gestörte Barrierefunktion der Darmschleimhaut und eine damit einhergehende Schädigung des darmassoziierten Immunsystems von Bedeutung sind.

Bestimmte Marker im Körper helfen dabei, eine Störung der Darmbarriere nachzuweisen: alpha-1-Antitrypsin und sekretorisches Immunglobulin A (Stuhl), Zonulin (Blut) sowie der Lactulose-Mannitol-Test (Urin). Häufig stellt sich bei einer Darmpilzinfektion die Frage, ob eine Darmreinigung der Behandlung der Pilzerkrankung vorangestellt werden sollte. Zu diesem Zweck wurden in der Vergangenheit diverse Maßnahmen zur Darmreinigung angewendet, etwa die Colon-Hydrotherapie, eine Art intensive Darmspülung, oder auch Abführmittel. Jedoch werden dabei auch die guten Darmbakterien dezimiert, was von großem Nachteil sein kann. Denn das schwächt die Fähigkeit des Darms, die Ansiedlung krankheitserregender Keime zu verhindern – und damit wird auch das darmassoziierte Immunsystem geschwächt. Daher nimmt man von diesen Maßnahmen Abstand.

Risikofaktoren für eine Darmpilzerkrankung
  • Höheres Alter, denn das Immunsystem ist dann weniger funktionstüchtig
  • Chronische Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes mellitus, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Immundefekte, aber auch Zahnfleischentzündungen
  • Krebserkrankungen, vor allem, wenn die Patienten gerade eine Chemo- oder Strahlentherapie durchlaufen
  • Katheteranwendungen
  • Medikamente (vor allem Antibiotika, aber auch die Antibaby-Pille, Krebsmedikamente, Cortison)
  • Lebensphasen, die hormonell bedingte Veränderungen der Schleimhäute mit sich bringen (Schwangerschaft, Wechsel- jahre)
  • Stress
  • Umweltgifte
  • Auch Neugeborene sind gefährdeter, weil sie ein noch unausgereiftes Immunsystem haben

Hilfreich: Probiotika und Mikronährstoffe

Die Anwendung von probiotischen Keimen ist bei Problemen mit Darmpilzen dagegen in vielerlei Hinsicht empfehlenswert. So hilft die Gabe von guten Darmbakterien dabei, die Darmpilze von der Darmschleimhaut zu verdrängen und deren Ausbreitung einzudämmen. Weiterhin stellen diese Mikrobiota das bereits erwähnte sekretorische Immunglobulin A her, welches hilft, den löchrigen Darm abzudichten und die geschädigte Darmbarriere wiederherzustellen. Gleichzeitig liefern sie Stoffwechselprodukte, beispielsweise Butyrat, die den Darmschleimhautzellen Energie liefern.

Außerdem stärken probiotische Bakterien noch die Immunfunktionen, weil sie die Darmmikrobiota wieder ins Gleichgewicht bringen und stabilisieren. Damit leisten sie einen Beitrag zur natürlichen Bekämpfung der Darmpilze. Wichtig ist es aber, zu Multispezies-Produkten zu greifen, die eine breite Auswahl an Bakterienstämmen und eine ausreichend hohe Bakterienzahl (mind. 1–2 x 109 KbE) beinhalten (etwa MyBIOTIK®PROTECT, nutrimmun.de). Weiterhin ist es sinnvoll, Mikronährstoffe anzuwenden, die für die Ernährung der Darmschleimhaut bedeutsam sind und deren Integrität unterstützen. Vor allem die Eiweißsto e L-Glutamin und Taurin sind hier zu nennen, die der Darmschleimhaut Kraft zur Regeneration liefern.

Auch die B-Vitamine sind wichtige Energielieferanten und Schleimhautschutzfaktoren. Schließlich sind auch noch die Spurenelemente Zink, Selen und Kupfer unverzichtbar für ein gutes Abwehrsystem und unterstützen zudem den Stoffwechsel der Darmschleimhautzellen (in Kombination enthalten z. B. in MUCOZINK, nutrimmun.de). Interessante Ergänzung zur Anwendung probiotischer Keime ist eine Pflanzenkombination aus Myrrhe, Kaffeekohle und Kamille, die sich schon seit 60 Jahren bewährt.

Grapefruitkerne sind Infektionshemmer

Bei einer nachgewiesenen massiven Pilzinfektion, die mit einer entsprechenden Begleitsymptomatik einhergeht, werden in der Regel pilzabtötende Medikamente verschrieben, sogenannte Antimykotika. Der am häufigsten angewendete Wirkstoff ist Nystatin, der direkt im Darm wirkt und dort die Pilze zerstört. Allerdings neigen Pilzinfektionen dazu, nach Absetzen eines Medikamentes wieder aufzuflackern. Es ist daher sinnvoll, durch abwehrstärkende und infektionshemmende Naturstoffe einer erneuten Ansiedlung und Vermehrung der Darmpilze entgegenzuwirken.

Hier empfiehlt sich Grapefruitkernextrakt (GKE). Die darin enthaltenen sekundären Pflanzeninhaltsstoffe (vor allem die Polyphenole vom Typ der Flavonoide) wirken nachweislich antiinfektiös. GKE hat sich als hilfreich erwiesen im Kampf gegen rund 800 Bakterienspezies, etwa 100 verschiedene Pilzstämme und zahlreiche verschiedene Viren. Außerdem wirken die Flavonoide abwehrstärkend, denn sie unterstützen die Immunantwort und fördern die Darmgesundheit. Bei der Auswahl geeigneter Produkte sollte man auf Ware aus biologischem Anbau achten, die frei von Konservierungsmitteln bzw. chlororganischen Verbindungen ist. Sinnvoll ist zudem die Kombination von GKE mit Vitamin C, etwa aus Acerola, da sich diese Darmpilze können die Darmgesundheit in Mitleidenschaft ziehen und die Darmbarriere nachhaltig beeinträchtigen, was zahlreiche Beschwerden verursacht und durch Antimykotika schwer zu beherrschen ist. Von extremen Antipilz-Diäten ist die Wissenschaft abgerückt, empfehlenswert ist aber eine zuckerarme, vollwertige Ernährung. Durch die zusätzliche Gabe von Probiotika, spezifschen Pflanzenextrakten und Mikronährstoffen lässt sich das Immunsystem effektiv unterstützen, das Pilzwachstum hemmen und die Darmschleimhaut stärken. Substanzen in ihrer Wirkung gegenseitig unterstützen und somit als besonders abwehrstärkend gelten (etwa CitroPlus®-Bio-Präparate, www.GSE-Vertrieb.de).

Darmpilze und Ernährung: Tipps bei Pilzinfektionen

Pflanzenkost mit vielen Ballaststoffen

  •  Salate, z. B. Radicchio, Endivien, Chicorée, Rucola
  • Gemüse, z. B. Rosenkohl, Brokkoli, Artischocken

Zuckerarme, saure Obstsorten bevorzugen

  • Zitrusfrüchte, z. B. Grape- fruits, Orangen, Zitronen
  • Beeren, z. B. Himbeeren, Johannisbeeren, Erdbeeren, Blaubeeren

Zu komplexen Kohlenhydraten greifen

  • Vollkornprodukte
  • Reis, Mais, Hirse, Kartoffeln
  • Hülsenfrüchte, z. B. Erbsen, Bohnen und Linsen

Pilzdiäten sind nicht wirksam

Auch bei der Ernährung kann man einiges richtig, aber auch falsch machen. Von einseitigen extremen Antipilz-Diäten, bei denen für längere Zeit rigoros auf alle Kohlenhydrate verzichtet werden muss, hat man aber zwischenzeitlich Abstand genommen, weil der Nachweis, dass dadurch die Pilzinfektion eingedämmt werden kann, nicht erbracht werden konnte.

Empfehlenswert ist aber eine pflanzenbetonte, vital- und ballaststoffreiche Kost, die vor allem auch bittere Salate und Gemüsesorten mit einschließen sollte. Denn Bitterstoffe unterstützen die Verdauung und wirken einer Ansiedlung von Darmpilzen entgegen. Auch zuckerarme, saure Obstsorten sind empfehlenswert. Stark zuckerhaltige Lebensmittel wie zum Beispiel Süßigkeiten und Kuchen aller Art gilt es dagegen einzuschränken, denn Hefepilze ernähren sich von Zucker. Stattdessen komplexe Kohlenhydrate bevorzugen. Sie sind nicht nur reich an Ballaststoffen, sondern enthalten auch viele Vitamine, Mineralien und Spurenelemente, die allesamt eine gesunde Darmmikrobiota fördern (siehe Kasten).

FAZIT: Darmpilze können die Darmgesundheit in Mitleidenschaft ziehen und die Darmbarriere nachhaltig beeinträchtigen, was zahlreiche Beschwerden verursacht und durch Antimykotika schwer zu beherrschen ist. Von extremen Antipilz-Diäten ist die Wissenschaft abgerückt, empfehlenswert ist aber eine zuckerarme, vollwertige Ernährung. Durch die zusätzliche Gabe von Probiotika, spezifischen Pflanzenextrakten und Mikronährstoffen lässt sich das Immunsystem effektiv unterstützen, das Pilzwachstum hemmen und die Darmschleimhaut stärken.
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