Stellen wir uns vor, wir sind mit dem Auto auf der Autobahn unterwegs. Während der Fahrt „fliegen“ die Straßenschilder am Fahrbahnrand an uns vorüber. Doch mit jedem zusätzlichen Kilometer senkt sich auch die Tanknadel immer weiter in den roten Bereich. So langsam sollten wir darüber nachdenken, eine Tankstelle anzusteuern. Denn spätestens wenn das rote Tanklicht aufleuchtet, ist es höchste Zeit, einen Stopp an der Zapfsäule einzulegen.
Unser Körper funktioniert ganz ähnlich wie ein Auto. Auch wir müssen in unserem Alltag regelmäßige „Auftankpausen“ einlegen, um danach wieder voll leistungsfähig zu sein. Alle, die durchs Leben rasen wie ein Auto auf der Autobahn, wirken gestresst, müde und antriebslos, weil ihnen der Ausgleich fehlt. Ihnen geht sozusagen der Sprit aus. Pausen sind notwendig, damit unser Organismus Kraft tanken kann für neue Aufgaben. Dabei müssen wir zwischen Regeneration und Erholung unterscheiden.
Genauso fatal ist es, mehr zu tanken, als das Auto fassen kann. Denn dann fließt der überschüssige Sprit ungenutzt aus dem Tank heraus.
Bei uns Menschen ist es genauso: Wenn wir im Alltag unterfordert sind, verpufft unsere Energie ungenutzt. Deshalb brauchen wir regelmäßig sogenannte überschwellige Reize, um den Körper zu stimulieren. Der Organismus muss also über die gewohnte Belastung hinaus gefordert werden, damit sich die Strukturen des Körpers entwickeln. Denn nur was genutzt wird, entwickelt sich, was ungenutzt bleibt, verkümmert. Wir müssen also zwei Gegenspieler in Balance bringen: Belastung und Entlastung. Gelingt das nicht, so gerät unser innerer Taktgeber aus dem Rhythmus.
Bei der Regeneration werden die psychischen oder physischen Folgen einer Beanspruchung ausgeglichen. Die ermüdeten Funktionssysteme des Organismus, also beispielsweise die Muskeln, erlangen dabei ihre ursprüngliche Leistungsfähigkeit zurück.
Bei der Erholung dagegen werden Beanspruchungen nicht nur kurzfristig ausgeglichen. Erholung ist vielmehr ein nachhaltiges Tanken neuer (zusätzlicher) Energie, die uns mehr Kraft gibt, und zwar über die normale alltägliche Energie hinaus. Sind wir gut erholt, fühlen wir uns so stark, als könnten wir „Bäume ausreißen“. Eine Reaktion, die sich weniger physisch, sondern vor allem psychisch erklären lässt.
Doch egal ob Regeneration oder Erholung – wir spüren beides schneller, intensiver und nachhaltiger, wenn wir aktiv sind. So steigern passive Maßnahmen wie das Zuführen von Kälte oder Wärme die Durchblutung nur um bis zu fünf Prozent, während körperliche Aktivitäten nach dem Sport wie Auslaufen, Ausradeln oder abschließende Dehnübungen die Durchblutung um das 14-fache steigern. Liegen wir völlig ruhig auf der Couch, passiert sehr wenig und Regeneration dauert deutlich länger. Diese Schonung ist nur bei einer Erkrankung zu empfehlen.
Das Prinzip der Be- und Entlastung lässt sich auf alle Bereiche des Lebens projizieren, doch gerade im Sport ist es besonders wichtig.
Vielleicht kennen Sie diese Situation: Schon seit acht Wochen sind Sie im Fitnessstudio angemeldet und sind so motiviert, dass Sie sogar vier bis sechs Mal in der Woche zum Training fahren. Doch obwohl Sie jede Muskelgruppe bei jeder Trainingseinheit fast bis zur Erschöpfung trainieren, haben Sie nicht das Gefühl, dass es zu einem Muskelwachstum gekommen ist. Und Ihr Gefühl trügt Sie leider nicht. Sie haben sich schlicht viel zu viel zugemutet. Die Folge: Der Körper hat nicht mit dem gewünschten Muskelwachstum reagiert.
Im Gegenteil: Er war derart überfordert, dass er eher Muskeln abgebaut hat. An diesem Beispiel sieht man sehr deutlich, wie wichtig die richtige Balance zwischen Be- und Entlastung für die gewünschte trainingsbedingte Anpassung des Körpers ist. Die trainingsbedingte Anpassung verläuft in mehreren Phasen nach dem sogenannten „Prinzip der optimalen Relation von Belastung und Erholung“.
Nach einer sportlichen Belastung kommt es zunächst zu einer vorrübergehenden Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit. Der Körper ist ermüdet und muss regenerieren. Nach einiger Zeit aber steigt die Leistungsfähigkeit wieder an, sogar über das Ausgangsniveau hinaus. Dieser Zustand der erhöhten energetischen Leistungsfähigkeit wird als Superkompensation bezeichnet. Genau an dieser Stelle sollte der nächste Trainingsreiz gesetzt werden, denn wenn die Wirkung der Superkompensation wieder auf das Ausgangsniveau zurückfällt, kann die Leistung durch einen neuen Trainingsreiz nicht mehr gesteigert werden.
Je nach Art des Trainings ist also eine gewisse Pausenzeit zwingend notwendig, um leistungsfähiger und fitter zu werden. Setzt man den Trainingsreiz zu früh, wenn die Leistungsfähigkeit noch nicht wieder vollständig hergestellt ist, manövriert man sich in eine negative Anpassung hinein und die Leistungsfähigkeit nimmt ab.
Wenn Sie Ihre Fitness steigern wollen, ist es also sehr wichtig, regelmäßig Pausen einzuhalten. Wann aber macht man am besten eine Pause?
Wichtig ist es für Anfänger, ein gutes Körpergefühl zu entwickeln und subjektive Belastungszeichen richtig zu deuten. Achten Sie neben der Atmung auch auf die Schweißbildung und Hautfarbe. Optimal ist es, wenn Sie ein wenig ins Schwitzen kommen. Falls Sie übermäßig schwitzen oder der Schweiß kalt wird, dann haben Sie sich überbelastet. Auch eine leichte Rötung der Haut ist normal. Doch sollten Sie das Lauftempo dringend vermindern, wenn Sie ein blasses Mund-Nase- Dreieck bei sich beobachten können. Bei der Bewertung des subjektiven Belastungsempfindens kann auch die BORG-Skala helfen, benannt nach dem schwedischen Physiologen Gunnar Borg (1927–2020).
Die Skala erstreckt sich vom Wert 6 bis zum Wert 20 und damit von sehr leichtem bis hin zu sehr starkem Belastungsempfinden. Sie erlaubt so die Einordnung, als wie an- strengend ein Ausdauertraining individuell empfunden wird. Für ein effektives Ausdauertraining sollte man sich im Bereich 13 bis 15 aufhalten (etwas anstrengend bis anstrengend). Das ist optimal – probieren Sie es aus!
Eine positive Trainingsanpassung ist nur dann möglich, wenn man dem Organismus Zeit dafür gibt, das heißt, mit dem Training ausreichend lange pausiert. Wie viel Zeit der Körper für die Regeneration benötigt, ist abhängig von Intensität und Art der vorausgegangenen Belastung. Am schnellsten kann der Körper beispielsweise nach dem Joggen, Walken oder Schwimmen regenerieren, denn das sind moderate Belastungsformen. Hier ist eine Regeneration je nach persönlichem Trainingszustand nach etwa 24 bis 36 Stunden erreicht.
Nach intensiven Belastungen, etwa dem Sprinten, braucht der Körper schon 48 bis 72 Stunden, bis er regeneriert ist. Die längste Zeit zum Regenerieren sollten erfahrene Sportler nach einem Hypertrophie-Training einhalten, dazu zählen Muskelaufbau- und Krafttraining. Hier benötigt der Körper sogar 72 bis 84 Stunden (nur bei Neulingen im Krafttraining reichen meist 48 Stunden Regenerationszeit).
Ganz entscheidend für eine erfolgreiche Regeneration ist auch, wann und was wir nach dem Training essen (siehe Kasten unten). Aber auch wenn man gerade keine Sporteinheit absolviert hat, leistet eine ausgewogene und natürliche Ernährung einen wichtigen Beitrag zu unserer Leistungsfähigkeit, einer wirksamen Pause und einer nachhaltigen Regeneration. Denn dafür ist es nicht egal, wann wir essen, was wir essen, wie wir essen und was wir trinken. Nur wenn wir zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Nährstoffe auf die richtige Weise essen, arbeitet unser Stoffwechsel gut und effizient. Dann fühlen wir uns fit, wohl und leistungsfähig, Leib und Seele sind in Harmonie miteinander.
Essen und Trinken sind also ein bedeutender Taktgeber in unserem Biorhythmus: Unser Körper benötigt regelmäßig Flüssigkeit, Energie und Nährstoffe, damit alle Stoffwechselprozesse ohne Probleme ablaufen. Nur dann haben wir genügend Power und können all unsere Aufgaben einwandfrei erledigen. Stoffwechsel ist aber nicht gleich Stoffwechsel, sondern je nachdem, was wir gerade machen und welche Tageszeit herrscht, werden manche Nährstoffe benötigt und andere weniger. So läuft der Regenerationsstoffwechsel im Wesentlichen nachts und benötigt für seine Reparatur-, Auf- und Umbauarbeiten vor allem Eiweiß. Das Gehirn und alle anderen aktiven Körperzellen dagegen brauchen tagsüber vor allem Kohlenhydrate, aber auch Fette. Wenn wir das bei unserem Speiseplan berücksichtigen, machen wir es unserem Organismus leicht. Er hat dann all das, was er braucht, damit wir leistungsfähig und fit bleiben (siehe Kasten oben).
Es ist für den Organismus ein großer Unterschied, ob wir uns regelmäßig von Fast Food und Fertigprodukten mit Zusatzstoffen sowie Chips und Schokolade ernähren oder ob wir frisch zubereiteten Gerichten mit viel Salat, Gemüse, Obst und Vollkornprodukten den Vorzug geben. Doch dazu braucht es etwas Disziplin, denn genetisch bedingt bevorzugt unser Körper leider Essen, das 50 bis 55 Prozent Kohlenhydrate und 30 bis 35 Prozent Fett enthält. Das ent- spricht ziemlich genau Pizza, Pommes und Kuchen, und deswegen greifen wir auch so gerne danach. Für den Neandertaler war das auch kein Problem, denn damals gab es so etwas noch nicht. Seine Nahrung enthielt immer Vitalstoffe und nie Zusatz- und Konservierungsstoffe, weil sie direkt aus der Natur kam. Für uns Menschen von heute stellt es sich aber genau umgekehrt dar: Wir nehmen mit derartigen „Lebens“mitteln – die den Namen eigentlich kaum verdienen, weil sie uns eher schaden – wenig Vitalstoffe und viele Zusatzstoffe auf. Damit wir gesund und leistungsfähig bleiben, sollten wir beim Einkauf und bei unserer täglichen Ernährung darum einige Tipps beherzigen:
Frische Lebensmittel bevorzugen
Wenn wir unser Essen frisch zubereiten, wissen wir: Konservierungssto e, Geschmacksverstärker und andere Zusatzstoffe sind dann nicht darin enthalten. Dabei können Sie guten Gewissens auch auf Tiefkühlgemüse zurückgreifen, das direkt nach der Ernte schonend schockgefrostet wird. Bei Tomaten oder Sauerkraut sind sogar Dosen zu empfehlen.
Ausgewogen ernähren
In unserer Nahrung müssen nicht nur alle Makronährstoffe enthalten sein, also Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate, sondern auch alle Mikronährstoffe. Dazu gehören Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und sekundäre Pflanzenstoffe. Nicht alle diese Vitalstoffe müssen in einer Mahlzeit enthalten sein, aber im Laufe der Woche sollten wir von allem genügend zu uns nehmen, damit wir optimal versorgt sind.
Auf hochwertige Qualität achten
Am besten schon beim Einkauf genau hinschauen. Oder mögen Sie Joghurt mit Sägespänen und Aromastoffen, der als Erdbeerjoghurt verkauft wird? Beim Fleisch müssen wir bedenken, dass konventionell aufgezogene Tiere viele Mastzusätze und Medikamente bekommen. Und konventionell angebautes Gemüse liegt zwar normalerweise hinsichtlich der enthaltenen Pestizidrückstände unter den gültigen Grenzwerten, enthält aber dennoch mehr davon als Biogemüse.
Etwa 30 bis 40 Minuten nach dem Training ist der ideale Zeitpunkt, um den Körper mit den notwendigen Kohlenhydraten oder Proteinen zu versorgen. Denn dann kann er diese Makronährstoffe um das Zwei- bis Dreifache schneller verarbeiten und speichern als sonst. Diese Lebensmittel unterstützen besonders gut bei der Regeneration: