Kaum ein Thema wird derzeit so viel diskutiert wie das Coronavirus (SARS-CoV-2). Während die Lage durchaus ernst genommen werden sollte, sind Panik und Angst aber auf jeden Fall fehl am Platz. FoodForum gibt deshalb einen Überblick, wie man das eigene Immunsystem gegen Viren und Bakterien am besten wappnet und erklärt, wie die richtige Ernährung dabei helfen kann.
Einen guten Schutz bietet ein gesunder Lebensstil und einfache Regeln, an die man sich unabhängig von der Erkältungszeit ohnehin immer halten sollte. Regelmäßiges, gründliches Händewaschen, häufig an die frische Luft gehen, Durchlüften, etwas Bewegung, genügend Wasser trinken, Stressreduktion und ausreichend Schlaf gelten bereits als sehr wirksame Strategien, um Infekte zu vermeiden. Doch können wir unsere Abwehrkräfte zusätzlich mit der Ernährung stärken?
Verschiedene Kohlarten wie Rotkohl oder Spitzkohl können helfen: Sie enthalten Senföle, die antimikrobiell wirken. Kresse, Meerrettich und Senf sind ebenso gute Bestandteile einer ausgewogenen Ernährung, wenn es darum geht, die eigene Abwehr zu unterstützen. Besonders in Kombination mit Kapuzinerkresse kann Meerrettich seine positive Wirkung auf Atemwegs- und Harnwegsinfekte entfalten.
Flavonoide wie Quercentin wirken ebenfalls gut gegen Viren, was Wissenschaftler der Universität von South Carolina in einer Studie mit 100 Mäusen bestätigen konnten. Mäuse, die kein Quercetin ins Futter gemischt bekamen waren anfälliger für Grippeviren als solche, die es erhalten hatten. Allerdings schätzen Forscher eine Aufnahme von 200 bis 500 Milligramm für nötig, um positive Effekte zu erzielen. Das ist durch quercetinhaltige Lebensmittel wie Apfel oder Rotwein kaum zu decken. Aus erhitzten Zwiebeln kann Quercetin vom Körper noch am effektivsten aufgenommen werden.
Vitamin A
Vitamin A ist wichtig für Wachstum, Funktion und Aufbau der Haut und der Schleimhäute. Damit spielt es eine entscheidende Rolle für das Immunsystem. Denn sowohl die Haut als auch die Schleimhäute in Mund und Nase sind die ersten Barrieren, die Bakterien und Viren überwinden müssen, um in den Körper zu gelangen. Vitamin A kommt vor allem in Lebensmitteln tierischen Ursprungs vor – zum Beispiel in Leber, Milch, Milchprodukten und Eiern. In pflanzlichen Lebensmitteln ist Vitamin A dagegen in einer Vorstufe enthalten, den Carotinoiden. Reich an Carotinoiden ist rotes und gelbes Obst und Gemüse, aber auch in grünen Gemüsearten wie Brokkoli kommen sie vor. Da der Körper sie aber erst in aktives Vitamin A umwandeln muss, sind tierische Quellen die bessere Wahl.
Vitamin B6
Vitamin B6 ist für die Produktion von Immunzellen wichtig und somit elementar für ein funktionierendes Abwehrsystem. Besonders gute Quellen sind Fleisch (v.a. Hühner- und Schweinefleisch), Fisch, Vollkornprodukte, Gemüse (z.B. Kohl, grüne Bohnen), Bananen, Kartoffeln und Nüsse. Auch die anderen B-Vitamine sind natürlich wichtig für ein funktionierendes Immunsystem – allerdings mehr indirekt, indem sie Haut, Schleimhäute, das Nervensystem sowie das Herz-Kreislauf- und Magen- Darm-System unterstützen.
Vitamin C
Vitamin C veranlasst zum Beispiel die Bildung von weißen Blutkörperchen, heftet sich an freie Radikale und macht sie unschädlich und regeneriert auch weitere körpereigene Antioxidantien. Es findet sich zum Beispiel in Sanddorn, Cranberrys, Kiwis, Orangen, roter Paprika, Zitronen, Brokkoli, Grünkohl und Kartoffeln. Komplett verhindern kann Vitamin C das Auftreten von Erkältungen aber nicht. Wenn die Erkältungssymptome bereits aufgetreten sind, verkürzt Vitamin-C-Reiches oder ein Supplement (1–8 g/Tag) die Krankheitsdauer – wenn überhaupt – maximal einen Tag.
Vitamin D
Die Immunzellen sind abhängig vom Vitamin D-Status, um Krankheiten bekämpfen zu können. Laut Studien erhöht ein Vitamin D-Mangel auch das Erkältungsrisiko um 40 Prozent. Dabei ist Vitamin D ist ein Sonderfall, da wir es nur zu einem kleinen Teil mit der Ernährung aufnehmen, nämlich über fetthaltigen Seefisch wie Hering, Lachs oder Makrele, außerdem über Eigelb, Leber und einige Speisepilze. Den größten Teil produziert der Körper mithilfe von Sonnenlicht selbst. Bei regelmäßigem Aufenthalt im Freien wird der Bedarf zu 80 bis 90 Prozent auf diese Weise gedeckt. Ist eine körpereigene Vitamin D-Bildung nicht möglich, wird eine tägliche Zufuhr von 20 Mikrogramm empfohlen – und das ist besonders in den Wintermonaten der Fall.
Vitamin E
Vitamin E unterstützt die Bildung von Antikörpern, aktiviert die T-Zellen in den weißen Blutkörperchen und schützt vor freien Radikalen. Die besten Vitamin E-Lieferanten sind Pflanzenöle (vor allem Weizenkeimöl), Nüsse, Samen und in geringerem Maß grünes Gemüse. Bereits 1 EL Weizenkeimöl deckt den Tagesbedarf.
Eisen
Eisen ist nicht nur für das Zellwachstum unverzichtbar, sondern auch für die Bildung von Antikörpern. Gute Lieferanten für Eisen sind vor allem Fleisch und Fleischprodukte. Doch auch in Vollkornprodukten und grünem Gemüse stecken nennenswerte Mengen.
Zink
Zink ist das wohl wichtigste Spurenelement fürs Immunsystem. Es hat sowohl direkte als auch indirekte Auswirkungen. Zum einen ist es für die Zellvermehrung im Körper unabdingbar. Bei einem Zinkmangel kommt es zu einem Abfall an T-Zellen und generell zu einer verminderten Funktion der spezifischen Immunabwehr. Zink ist vor allem in Austern, Käse, Haferflocken, Rindfleisch und Linsen enthalten. Wenn eine Erkältung schon da ist, scheint der Mineralstoff die Krankheitsdauer bei einem grippalen Effekt geringfügig zu verkürzen.
Omega-3-Fettsäuren
Sie scheinen einen positiven Einfluss auf das Entzündungsgeschehen zu nehmen und entzündungsfördernde Kaskaden im Körper aufzulösen. Die Beweislage durch klinische Studien ist allrdings dürftig.
Honig
Er kann bei Kindern den Hustenreiz lindern, wie eine Studie mit 300 kleinen Patienten zeigte. Die Hustenhäufigkeit und Hustenschwere war im Vergleich zu einem Placebo deutlich reduziert.
Grüner Tee
Seit über 20 Jahren weisen epidemiologische Studien darauf hin, dass die Catechine in grünem Tee das Ansteckungsrisiko von Influenza senken und die Symptome bei einer Erkältung lindern. Der Beweis durch klinische Studien steht bisher jedoch aus.
Ingwer
Es gibt Hinweise darauf, dass die im Ingwer vorkommenden Substanzen Gingerol und Shogaol eine antientzündliche und antimikrobielle Wirkung haben. In einer Studie an Meerschweinchen wirkte Ingwer zudem beruhigend auf die glatte Muskulatur der Atemwege.
Kurkuma
Der Wirkstoff Curcumin soll verschiedene Signalwege in den Zellen modulieren und dadurch unter anderem immunsteigernd wirken. In einer kleinen Studie mit Kindern, die an wiederkehrenden Infektionen der Atemwege litten, half ein Kombinationspräparat aus Lactoferrin und Curcumin die Anzahl der Infektionen zu senken. Für die Wirksamkeit von Kurkuma und auch Ingwer spricht, dass beide seit Tausenden von Jahren im Ayurveda und in der traditionellen chinesischen Medizin eingesetzt werden.
Knoblauch
Er könnte für die Prävention eines grippalen Infekts wirksam sein, scheint aber die Dauer der Erkrankung nicht zu verkürzen. Als Nebenwirkungen wurden in Studien Hautausschläge sowie Mund- und Körpergeruch genannt.
Süßholzwurzel
Der Rohstoff von Lakritz soll nicht nur Bakterien wie z. B. den Magenkeim Helicobacter pylori, sondern auch Grippe- und Bronchitis-Viren bekämpfen sowie bei Heiserkeit und Hustenreiz helfen. Die Wirkungen von Süßholz sind allerdings noch nicht in klinischen Studien bewiesen worden.
Als allgemein günstig für die Gesundheit gilt eine möglichst artenreiche Besiedlung unseres Darms mit Darmbakterien. Und die wird hauptsächlich von Umweltfaktoren beeinflusst. Es erhärtet sich der Verdacht, dass die moderne westliche Ernährung die Artenvielfalt innerhalb der Darm-Mikrobiota reduziert. Im Vergleich zu verschiedenen Naturvölkern, die täglich etwa 70 bis 150 Gramm Ballaststoffe aus unverarbeiteten Lebensmitteln zu sich nehmen, werden in der westlichen Ernährung gerade mal 15 bis 25 Gramm Ballaststoffe pro Tag in Kombination mit viel Fett und Zucker verzehrt.
Wie wichtig ausreichend Ballaststoffe für die Gesundheit sind, verdeutlichte eine 2016 im Fachjournal Cell veröffentlichte Studie. Die Wissenschaftler setzten Mäuse, deren Därme mit Bakterien besiedelt wurden, die sonst der Mensch in sich trägt, auf unterschiedlich ballaststoffreiche Diäten. Anschließend infizierten sie die Mäuse mit pathogenen Keimen. Bekamen die Mäuse gar keine Ballaststoffe, war ihre Schleimschicht, auch Mukus genannt, so dünn, dass sie schädlichen Keimen nicht mehr standhalten konnte. Die Pathogene fraßen regelrechte Löcher in die Darmwand und die Mäuse wurden schneller und schwerer krank. Die Mäuse mit einem hohen Ballaststoffkonsum hatten dagegen eine dickere Schleimschicht im Darm und waren damit besser vor Infektionen geschützt. Inwieweit sich das auf den Menschen übertragen lässt, ist nicht gesichert – hier müssen weitere Studien folgen. Aber es wird auf jeden Fall eine Tendenz sichtbar.
Eine Möglichkeit, natürliche Lebensmittel noch ein bisschen gesünder zu machen und das Immunsystem zu unterstützen, ist die Fermentation. Denn während des Gärprozesses wird eine Vielzahl von Inhaltsstoffen umgewandelt. In Milchprodukten wird beispielsweise Laktose abgebaut, was die Produkte für Laktose-intolerante Personen verträglicher macht. Teilweise entstehen auch sehr gesunde Substanzen wie organische Säuren, die den pH-Wert des Darminhalts senken und so vor krankheitserregenden Mikroorganismen schützen. Diese wachsen nämlich bevorzugt bei höheren pH-Werten. Joghurt und Kefir eignen sich dafür gut, aber auch Präbiotika, also unverdauliche Nahrungsbestandteile wie die Ballaststoffe Inulin und Oligofruktose regen das Wachstum und die Aktivität der erwünschten Bakterien im Dickdarm an. Sie sind in Lebensmitteln wie Chicorée, Lauch, Zwiebeln, Knoblauch, Spargel, Artischocken, Pastinaken, Schwarzwurzeln zu finden.
Wichtiger, als einzelne potenziell antimikrobielle Lebensmittel im Übermaß zu verzehren bleibt es aber, das Immunsystem durch eine insgesamt gesunde und ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse zu unterstützen. Außerdem helfen genügend Wasser, Schlaf und Bewegung neben guter Hygiene den Körper widerstandsfähig und fit zu halten.